Endlich. Manos returns.


The Master is back

Heute ist nicht irgend ein Freitag. Heute ist der Tag, an dem der Master zurückkehrt. Mit seinem treuen Majordomus Torgo. Aber ohne den Höllenhund. Michael fehlt leider ebenso. Und Debbies kleiner Hund. Gut 80 Prozent der alten Besetzung ist inzwischen verstorben. Beste Voraussetzungen also für eine stilechte Fortsetzung des schlechtesten Films aller Zeiten. Moment! Rufen da die Film-Nerds. Der schlechteste Film ist doch bekanntlich „Plan 9 from Outer Space“ (R: Ed Woods, 1959)! Auf keinen! Protest aus der Ecke der Trash-Fans. Ihr habt wohl noch nie „Attack of the Killer Tomatoes“ (R: John DeBello, 1978) gesehen? Och nö! Pikiert melden sich Millenials und Hipster zu Wort. Wirklich schlecht ist doch nur „The Room“ (R: Tommy Wiseau, 2003). Papperlapapp! Ich sage: Geht mir weg mit eurer ironischen Vorliebe für kultige Schrottmovies. Die sind in Wirklichkeit ganz gut gemacht, auch wenn es zugegebenermaßen hier und da mit der Produktion haperte. Okay, zum Teil gewaltig. Aber trotzdem! Bei Ed Wood’s trashigem Space-Horror-Mix spielt wenigstens der große Bela Lugosi mit. Der „Angriff der Killertomaten“ ist imho absichtlich mies produziert worden, d.h. er wurde so gedreht, um lustig zu sein. Mit Erfolg, denn immer wenn man den Film mit Freunden guckt, müssen alle lachen. Und alle neueren Trash-Anwärter wie z.B. „Hard Ticket to Hawaii“ (R: Andy Sidaris, 1987), „Cool as Ice“ mit Vanilla Ice (R: David Kellogg, 1991) oder eben Wiseau’s Kultfilm bestechen zumindestens durch eine ausgereifte Cinematographie. Bei aller Häme und Härte, bei allen Hasstiraden, mit denen diese Filme im Internet bedacht werden, bei allem Spott, den sie verdienen – als echter Filmfan muss man zugeben, dass sie zumindestens produktionstechnisch alles andere als schlecht sind. Bei „Cool as Ice“ beispielsweise, hat niemand anderes als Janusz Z. Kamiński die Kamera bedient. Tommy Wiseau hat es immerhin geschafft, seinem Liebesdrama eine ebenbürtige Beleuchtung zu kredenzen. Jede Szene erinnert an bekannte Fernsehkrimis der 1990er Jahre (respektive an Softpornos). Auch würde nie jemand ernsthaft behaupten, Sidaris wäre kein routinierter Filmemacher gewesen. Sein Output grandios schlechter Action Flics mit reichlich Sleaze, Sex und Explosionen war enorm.

Was dagegen wirklich in jeder Hinsicht als gescheitert zu bezeichnen ist – wahrlich ein Film noch jenseits aller Z-Movies – ist Harold P. Warren’s Versuch, einen Horrorfilm zu drehen. Sein episches Meisterwerk „Manos: The Hands of Fate“ (1966) ist ein Unikum der Filmgeschichte. Trash in seiner reinsten Form. Unironically mies, würde man heute sagen. So schlecht, man muss sich regelrecht zwingen den Film ganz anzuschauen. Die meisten machen schon bei der überlangen Anfangssequenz schlapp. Die vollen 70 Minuten gleichen einer Tortur. Natürlich – hoho – gibt es einige groteske Szenen, die unfreiwillig komisch wirken. Der Spaß vergeht einem allerdings schnell, da man sich fortwährend über die schlechte Synchronisation aufregen muss. Gemeint ist nicht etwa eine fremdsprachliche (es gibt keine), nein, die Tonspur selbst ist asynchron, d.h. die Dialoge haben streckenweise rein gar nichts mit den Lippenbewegungen der Darsteller zu tun.

[Manos] seemed like it was maybe a crime against humanity, but you couldn’t be sure …

Frank Conniff, MST3K

Der Düngemittelhändler Harold P. Warren hatte im Rahmen einer Wette versucht, mit „Manos“ einen Low-Budget-Film aus dem Stehgreif zu produzieren, ohne Erfahrung oder Vorbereitung. Dass dabei nichts Gutes herauskommen konnte, ist verständlich. Was allerdings in diesem Fall den cineastischen Super-GAU besiegelte, war die perfide Kombination von Selbstüberschätzung und Dilletantentum. Warren, in Personalunion Produzent, Drehbuchautor, Regisseur sowie Hauptdarsteller des Films, war nicht bloß naiv, er war arrogant. Voller Prätention ging er ans Werk bis er den fertigen Film, in fester Überzeugung, etwas Gutes geschaffen zu haben, auf einer aufgeblasenen Filmpremiere in El Paso (Texas) präsentieren konnte. Ohne Erfolg – doch seine Wette hatte er gewonnen. Glückwunsch dazu.

Längst wäre „Manos“ mit aller denkbaren Berechtigung in irgendeinem gottverdammten Archiv unter dem Staub der Filmgeschichte versunken, hätte ihn nicht 1992 ein gewisser Frank Conniff wiederentdeckt. Am 30. Januar 1993 wurde der Film in der von ihm co-produzierten Comedy-Reihe „Mystery Science Theater 3000“ durch den Kakao gezogen. Vielen gilt diese Folge als eine der besten, doch dem mag ich mich nicht anschließen. Vielmehr beweisen die ziemlich hölzernen Kommentare von Joel, Tom Servo und Crow, dass angesichts der haarsträubenden Plattheit des Films sogar den sonst so wortwitzgewandten MST3K-Autoren der Humor versagte. Sie versuchten es mit ihrem Nachfolgeformat RiffTrax im August 2012 nochmals – mit mäßigem Erfolg. Der Film selbst jedoch, erlangte durch die spöttische Spezialbehandlung Kultstatus, zudem die Wiederentdeckung der originalen 16mm-Filmrollen ein Jahr zuvor, erstmals die Veröffentlichung einer DVD in guter Qualität ermöglichte. Damit war „Manos“ bald international in obskuren Fankreisen bekannt. Man widmete ihm ein Computerspiel (iOS, später auch Android) und Serien wie „How I met your Mother“ erwähnten ihn augenzwinkernd.

Manos returns

In den letzten Jahren gab es immer wieder halbgare Versuche, eine Fortsetzung zu produzieren. Die verbliebenen Schauspieler des Originals, Tom Neyman (The Master), seine Tochter Jackey Neyman-Jones (Debbie), Diane Mahree (Margaret) sowie Bernie Rosenblum (Teenage Boy) bemühten sich voller Elan um das Sequel, doch erst das heutige Internet brachte das nötige Budget mittels einer erfolgreichen Kickstarter-Campaign zusammen. Zwei Jahre zu spät – leider nach Tom Neymans Tod und nach dem 50. Jubiläum der Uraufführung – feiert heute die Fortsetzung „Manos Returns“ auf dem Crypticon Festival in Seattle (USA) Premiere. Man darf gespannt sein, was den geneigten Filmnarr hierbei erwartet!



Text: © Hans-Christian Wichert

Titelbild: Illustration „The Master“ © Hans-Christian Wichert, 2018
Screenshots: „Margaret“ (Diane Mahree); „Michael“ (Harold P. Warren); „Torgo“ (John Reynolds) © Emerson Film Enterprises

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