申し申し – Watashi wa Google Duplex desu!
Sie hat kein Gesicht und keinen Körper. Aber eine schöne Stimme. Die vier kleine Kreise in den elementaren Google-Farben verraten uns, mit wem wir es zu tun haben: Assistant. Google’s Gegenentwurf zu Siri von Apple. Die sprechende Assistentin ist wie Apple’s freundlicher Sprach-Bot ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiertes Service-Programm, welches als App auf Smartphones installiert werden kann (bzw. vorinstalliert ist). Hier fungiert es je nach User-Wunsch als vermeindlich allwissendes Medium, in dem es automatisch aus dem Internet Informationen abruft und wiedergibt, als virtuelle Sekretärin, die Termine verwaltet, Telefonnummern auf Befehl anruft oder Mails vorliest und es kann noch einiges mehr, zum Beispiel das Wetter vorhersagen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, jedoch aus programmiertechnischen Gründen im Endeffekt ziemlich begrenzt. Noch – denn die Entwicklung intelligenter Systeme schreitet mit großen Schritten voran. Den zur Zeit eher fragwürdigen Alltagsnutzen solcher Apps sollte man allerdings nicht überbewerten. Letztlich sind diese Hilfsprogramme nur Gimmicks, mit denen die Großkonzerne ihre geheimen Forschungen im Bereich KI öffentlich testen, und außerdem ihre Programme mit den auf diese Weise zusätzlich gewonnenen User-Daten füttern können. In der globalen Sandbox der Forscher sind wir sozusagen freiwillige Versuchskaninchen. Deshalb ist es töricht, solche Experimente als „Spielerei“ abzutun, bzw. das wahre Potential künstlicher Intelligenz angesichts der begrenzten Fähigkeiten der heutigen Apps zu verkennen.
Auf der diesjährigen Entwickler-Konferenz I/O hat Google ein neues Sprachmodul für den Assistant präsentiert, das selbst Kenner der KI-Szene überrascht hat. Duplex ist ein nicht-öffentliches Testprogramm, welches lt. Angaben des Tech-Konzerns selbstständig Anrufe tätigen kann. Auf dem kalifornischen Developer Festival wurde ein Demo-Anruf abgespielt (d.h. nicht live), bei dem Duplex per Telefon einen Friseurtermin vereinbart hat. Beeindruckt hat dabei nicht nur die Reaktionsfähigkeit des Bots, also die Fähigkeit auf Rückfragen des Gesprächspartners intelligent zu antworten, sondern besonders die Qualität der Sprachausgabe. Die sehr fein modulierte Frauenstimme ist von einem menschlichen Anrufer kaum zu unterscheiden, da der Bot natürliche Gesprächspausen macht und zudem Füllwörter/-geräusche benutzt. Der zur Demonstration angerufene Gesprächsteilnehmer, eine freundliche Dame im Friseursalon, wusste offensichtlich nicht, mit wem sie sprach. Der Bot hatte genug digitale Kreide gegessen. Mit dem Hintergrundwissen, dass es sich im Prinzip um einen Roboter handelt, erscheint die beharrliche Sachlichkeit der vermeindlichen Anruferin vielleicht etwas künstlich, doch im turbulenten Arbeitsalltag wäre es wohl kaum möglich, diese als Bot zu identifizieren. Das Thema führte bereits zu einigen angeregten Diskussionen in der Netzgemeinde. Einigkeit herrscht generell darüber, dass es eine Pflicht für kommunikationsfähige Bots geben muss, sich selbst als solche auszuweisen. Diskutiert werden auch ethische Grenzen, welche wir Menschen einer KI aufzeigen müssen, um möglichen Missbrauch zu verhindern.
Ausblick
Noch sind die auf KI basierten Assistenzprogramme nicht ausgereift genug, um sie flächendeckend im Alltag einsetzen zu können. Dennoch gibt die Demonstration von Google Duplex einen interessanten Ausblick auf die Zukunft. Besonders für Medizinunternehmen ist die Nutzung intelligenter Assistenten interessant, sobald diese administrative Aufgaben selbstständig leisten können. Spannend bleibt die Vision, sprechende Bots in der Telemedizin mit automatisierten Fragestellungen zu betrauen. So könnte KI einen Patienten virtuell oder am Telefon begrüßen, seine Daten aufnehmen, einen Anamnesebogen abarbeiten und schließlich einen Termin für die telemedizinische Beratung durch einen Arzt vereinbaren.
Text: © Hans-Christian Wichert
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Google Assistant® und Google Duplex® sind geschützte Warenzeichen der Google LLC.
Siri® ist ein geschütztes Warenzeichen der Apple Inc.